All Those Beautiful Boyz -- White on White #5

2013 Feb

Das ist postmodernes Theater in seiner vollsten Pracht." – theaterkritik.ch

All Those Beautiful Boyz präsentiert die Oberfläche menschlicher Körper als Austragungsort rassistischer und identitärer Diskurse. Und während sich digitale Profile im Netz jeder Anpassung mit einem Klick beugen, scheint der Körper immer noch eine feste, sperrige und manchmal blutige Größe.

Vergesst innere Werte! Nicht Verhalten oder Leistung garantieren Anerkennung und Erfolg, sondern einzig das Aussehen – die Oberfläche – behaupten White on White. In All Those Beautiful Boyz geht es um das Verhältnis von Sehen und Begehren. Das Performanceduo entwirft hierfür die Vision einer utopischen chirurgischen Kunst, die kulturelle und soziale Spuren in unseren Gesichtern verwischen kann. Und analysiert wie Rassismus und Klassendiskriminierung heutzutage entlang zeitgenössischer Schönheitskonzepte ausgetragen werden. Praxiserprobt am eigenen Leib präsentieren sie dazu ihre theoriegesättigten Körper als Anschauungsmaterial.

Mit einer Kreuzung aus choreographischen und diskursiven Techniken spielt das Duo mit „Projektionen“. Projektion als Annahme von dem, was als Substanz hinter der sichtbaren Oberfläche des Gegenübers liegt und Projektion als Präsentation von virtuell produzierten Oberflächen/Bildern die Realitätsstatus einfordern. Mit Videotricks, Charme und Finesse präsentieren White on White Bilder von sich, die abwesend/on screen vollkommen da und anwesend/on stage wie in einer anderen Welt sind. Inwiefern wird der leibhaftige Körper auf der Bühne immer schon zum Bild?

Als Zuschauer sitzen wir davor und kommen aus dem Beobachten nicht raus, aber auch nie ganz rein. Unser Erleben ist in etwa so live wie es dem Medium dieser Zeit entspricht: Regelmäßig legen wir uns mit dem personalisierten Guckkasten ins Bett und übertragen live bewegte Körper/Bilder aus einem Wohnzimmer ins andere. Was ist also am Jahrtausende alten Theater so live, wenn immer schon die voyeuristische voyeuristische Logik des Computerbildschirms galt: Gucken ja, anfassen nein!

White on White machen Schluss mit dem Hokuspokus der Live-Performance, der überstrapazierten Annahme von Simultanität, Authentizität und Kopräsenz, in dem sie den Riss zwischen Sehen und Begehren, zwischen Oberfläche und einer irgendwie fassbaren Substanz des Subjektes genau im Bühnenmittelpunkt unausweichlich sichtbar machen: eine Projektionsfläche, die das eine live vom anderen live trennt. Das was vorproduziert ist und das was jetzt geschieht fallen in eins und die Projektion erhält Tiefe: „So fern sie war, wie kann sie näher seyn!“ sagt Faust, wenn er Helena anfassen will und die Laterna Magica explodiert.


Von und mit Iggy Malmborg / Johannes Schmit Lichtdesign Daniel Goody / Markus Wagner Visual Design Ralph Hauenschild Koproduktion mit Theaterdiscounter / Südpol Luzern Info www.whiteonwhite.eu Performance in englischer Sprache

White on White ist ein deutsch-schwedische Performance-Duo, bestehend aus Iggy Malmborg (Malmö) und Johannes Schmit (Berlin). Seit 2009 arbeiten sie am Duo als einem eigenen Genre. Erklärtes Ziel ist die Umwandlung der theoretischen Erkenntnisse der sogenannten Kritischen Weißseinsforschnung in produktive Kräfte für das Feld des Ästhetischen. In ihrer theatralen Serie begegnen sie den Fragen nach Aneignung/Vereinnahmung des Fremden mit einer radikal diskreten Geste: White on White widmet sich dem Weißsein. 2012 waren sie nach Residenzen und Performances in Leipzig und Malmö mit White on White #3 – a non-controversial shit in the black box erstmals in Berlin und im Theaterdiscounter zu sehen. Im Oktober 2012 zeigten sie beim Monologfestival des TD On the Beauty of Seriality – A Monologue for a Duo.